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Writer's pictureJochen Garbers

Zeitarbeit und Wein

Preise sind für mich das faszinierendste Wirtschaftsthema - mit Abstand. Kleine Kostprobe gefällig? Warum ist alter Wein teurer als neuer Wein? Die meisten sagen: „weil er besser schmeckt“. Das ist zwar richtig, aber nur ein Teil der Antwort. Wenn das alles wäre, würden alle Winzer den Wein einfach liegen lassen und ihn dann teurer verkaufen. Daher der zweite Teil der Antwort: älterer Wein ist auch deshalb teurer, weil die Lagerung Kosten verursacht, und zwar für die Lagerung selbst wie auch für die Finanzierung. Beide Aspekte – höhere Zahlungsbereitschaft bei den Verbrauchern und höhere Kosten bei den Anbietern - müssen zusammenkommen, damit wir im Markt langfristig eine Preisdifferenzierung sehen.


Es wird hier aber nur selten um Wein gehen. Um das universale Thema Preisdifferenzierung dagegen oft. Also zur Zeitarbeit.


In meiner Zeit als Preismanager bekam ich einmal zufällig mit, dass eine Niederlassung einem Kunden zwei Fachhelfer anbot. Die hatten sogar unterschiedliche Einsatzbereiche, an die ich mich nicht mehr erinnere. Sagen wir Gabelstaplerfahrer und Reinigungsfachkraft. Beide wurden zum gleichen Verrechnungssatz angeboten!


Das kann nicht richtig sein. Vermutlich bekamen beide den gleichen Lohn, aber damit hören die Gemeinsamkeiten ja schon auf. Wie groß war die „Not“ des Kunden in den jeweiligen Einsatzbereichen? Wie einfach oder schwierig waren die Alternativen, an die jeweiligen Fachkräfte zu kommen? Last but not least: wie war das Auftreten und das Qualifikationsniveau der jeweiligen Mitarbeiter?


Aus der Ferne kann man das alles nicht beurteilen. Auch das Angebotstool kalkool würde den gleichen SVS vorschlagen. Aus diesem Grund gibt es in dem Tool aber gewisse Spielräume, und nach oben darf man sowieso jeden Preis machen, den der Kunde akzeptiert. Auch das beste Angebotstool ist wie das Pflichtprogramm beim Eislaufen: muss man machen, es ist die Grundlage. Aber dann gibt es eben immer noch die „Kür“, und deshalb bleibt das Thema interessant auf vielen Ebenen. Machen Sie einmal mit Kollegen, oder, falls Sie Führungskraft sind, mit Disponenten ein Brainstorming. Welche Umstände deuten auf eine höhere Preisbereitschaft hin und wie kann man dies erkennen? Noch (?) ist der Bewerbermarkt angespannt und wenn man jetzt keine guten Preise macht, wann dann?


Und nach einer erfolgreichen Preisverhandlung genießen Sie dann ein Glas alten Weins, den Sie sich verdient haben und auch leisten können.

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