Die nächste Tariferhöhung in der Zeitarbeit steht bekanntlich am 1.4.2022 an. Es wird also noch dauern, bevor das Thema so richtig aktuell wird. Wenn es so weit ist, wird das in diesem Blog selbstverständlich eine wichtige Rolle spielen.
Nicht selten ist es aber so, dass mit Kunden Jahrespreise verhandelt werden, die ab dem Januar gelten. Und da der verdammte Winter sowieso immer viel zu früh kommt, ist das gefühlt schon übermorgen.
Wie also berücksichtigen wir die Tariferhöhung, die erst 3 Monate nach der Preisanpassung kommt? Ganz einfach werden Sie sagen, im ersten Quartal haben wir noch den alten Lohn und dann 3 Quartale lang den neuen Lohn. Wir schlagen nur 3/4 des Prozentwerts der Tariferhöhung auf den Stundenverrechnungssatz auf und haben so die Tariferhöhung über das gesamte Jahr Faktor-neutral kompensiert. Statt ca. 4% zum 1.4.2021 erhöhen wir den SVS am 1.1.2021 also nur um 4% x 3/4 =3% und alle sind glücklich. (OK, die Kunden sind vielleicht nicht wirklich glücklich, wurden aber immerhin fair behandelt).
An diesem Vorgehen ist erst einmal nichts falsch, und trotzdem steckt eine Falle darin. Lesen Sie weiter, damit Sie nicht hineintappen.
An dem folgenden Beispiel können sie das mögliche Problem schnell erkennen. Damit es möglichst einfach bleibt, findet hier die Tariferhöhung mit Beginn des 2. Halbjahrs statt und beträgt 10%. Ausgangswert ist ein Lohn von 10 € und ein Faktor von 2,0.
Bis hierhin gibt es also keine Überraschung. Die vorgezogene Preisanpassung mit der halbierten Erhöhung von 5% bringt über den Durchschnitt des Jahres genau die gleichen Ergebnisse wie eine analog zur Lohnerhöhung laufende SVS-Erhöhung um 10%.
Aber was passiert im Folgejahr? Das Folgejahr läuft von der Lohnseite exakt so ab wie das erste (wieder +10% zum 1. Juli) und wir wenden auch die genau gleiche Anpassungsregel an. Ergebnis: HUCH - Faktor 1,91?!
Das Problem liegt darin, dass wir im Folgejahr von einem zu niedrigen Verrechnungssatz ausgegangen sind. In der zweiten Hälfte des ersten Jahres (und damit auch in der Ausgangslage des Folgejahres) liegt unser Faktor mit 21 € / 11 € nicht mehr bei 2,0 - sondern bei 1,91. Das war erst einmal OK, weil das durch einen höheren Faktor im ersten Halbjahr ausgeglichen wurde. Mit unserer simplen Anpassungsregel schreiben wir aber den schlechteren Faktor des 2. Halbjahres fort und erhalten so über das gesamte zweite Jahr den Faktor 1,91.
Damit es im Folgejahr nicht zu einem Faktorverlust kommt, müssen wir unbedingt von einem SVS ausgehen, der dem korrekten Faktor entspricht. Wenn ich also bei Jahresbeginn des Folgejahres 5% auf den SVS 22 € (11 € x 2,0 = 22,00 €) aufschlage, passt wieder alles.
Ich hoffe, dass Ihnen der Denkfehler oben noch nicht passiert ist. Ganz generell heißt es aufpassen, wenn eigentlich fällige Erhöhungen aus dem einen oder anderen Grund vermindert werden oder sogar ganz ausfallen. Es gilt die simple Regel: die Preiserhöhung heute wirkt auf sämtliche in Prozent ausgedrückte Preiserhöhungen der Zukunft. Wenn ich eine eigentlich notwendige Anpassung nicht zu 100% durchziehe, dann ist de facto ein neuer Faktor etabliert und zukünftige Faktor-neutrale Preisanpassungen werden das - logisch eigentlich - nicht mehr ändern.
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