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  • Writer's pictureJochen Garbers

Quizz mit Auflösung: Können Sie Kalkulation in der Zeitarbeit?

Updated: Mar 22

Haben Sie wirklich - ich meine: WIRKLICH! - verstanden, wie man in der Zeitarbeit kalkuliert? Eigentlich ist es einfach, aber dann auch wieder nicht...


Auch Profis kommen bei manchen Fragen der Verrechnungssatzkalkulation ins Schwimmen. Und sogar wenn Sie richtig rechnen: könnten Sie der neuen Kollegin erklären, warum die Rechnung so richtig ist?


Dass wir es mit einer kniffligen Materie zu tun haben, sollen die folgenden Quizzfragen zeigen. Alle Aussagen sind falsch. Wo liegt der Fehler?


  1. Bei (einschließlich Feiertagen) ca. 250 Arbeitstagen pro Jahr und - nehmen wir an - 50 unproduktiven Tagen müssen wir 50/250 = ca. 20% des Lohns auf die Produktivstunde aufschlagen, um diese unproduktiven Zeiten zu berücksichtigen

  2. Sie lesen, dass die Krankheitsquote laut Gesetzlichen Krankenkassen knapp 7% beträgt. Dementsprechend rechnen Sie, dass Sie auf 100 Einsatztage weitere 7 Tage für unproduktive AU-Zeiten kalkulieren müssen.

  3. Sie haben ermittelt, dass der Deckungsbeitrag in einem Einsatz bei 10 € pro Stunde liegt. Unproduktive Zeiten sind in diesem Deckungsbeitrag (korrekt) berücksichtigt. Bei einem 52 Wochen Einsatz mit 38,5 Stunden pro Woche kommen 52 * 38,5, d.h. etwa 2.000 Stunden zusammen. Sie können Sie sich daher auf 2.000 * 10€/h = 20.000 € DB freuen.

  4. Sie haben Arbeitgeberbeiträge zur Sozialversicherung mit 28% und unproduktive Zeiten mit 25% ermittelt. Bei einem Stundenlohn von 10 € entstehen dann 10 € + 10 € * 28% + 10 € * 25% = 10 € + 2,80 €+ 2,50 € = 15,30 € direkte Lohnkosten pro Produktivstunde.

  5. An jedem Einsatztag fallen Kosten von 8 € an, die wir in der Kalkulation berücksichtigen müssen. Bei einem 8-stündigen Arbeitstag also 1 € pro Stunde. Der Anteil unproduktiver Zeiten wurde (korrekt) mit 25% ermittelt. Wir rechnen daher mit Kosten pro Produktivstunde von 1,25 €, da für diese Position keine Sozialversicherung anfällt.

Fangen wir mit Fehler Nr. 1 an. Wie werden unproduktive Zeiten ermittelt? Hier die korrekte Rechnung:


Bei inklusive Feiertagen ca. 250 Arbeitstagen pro Jahr und - nehmen wir an - 50 unproduktiven Tagen müssen wir 50/(250-50) = ca. 25% des Lohns auf die Produktivstunde aufschlagen, um diese unproduktiven Zeiten zu berücksichtigen


25% ist richtig, 20% war falsch. Im Nenner müssen die unproduktiven Tage (50 im Beispiel) abgezogen werden, damit wir richtig rechnen. Warum?


Wenn wir in der Zeitarbeit kalkulieren, dann berechnen wir die Kosten pro produktiver Stunde, die uns der Kunde mit dem Stundenverrechnungssatz (SVS) bezahlt. Hat man die Kosten pro Produktivstunde korrekt ermittelt, kann man ganz einfach rechnen:


DB (verkaufte Stunde) = SVS - Kosten (verkaufte Stunde)


Das Dumme ist nur, dass wir die Kosten pro verkaufter Stunde erst einmal nicht kennen. Wir kennen den wichtigsten Kostenbestandteil einer Lohnstunde, nämlich den Stundenlohn. Hinzu kommen die Arbeitgeberbeiträge pro Lohnstunde. Damit das zum SVS passt, muss man eine Art Kosten-Rucksack hinzuaddieren. Er besteht aus dem Kosteneffekt der Lohnstunden, die wir eben nicht verkaufen können: Urlaub, Krankheit, Feiertage etc.


So weit, so bekannt. Nun zum Fehler Nr. 1: wie ermitteln wir, wie viele (unverkaufte) Lohnminuten auf jede (verkaufte) Produktivstunde kommen? Hier nehmen wir eine Abkürzung und rechnen statt “unproduktive Minuten pro Produktivstunde” einfach “Fehltage pro Einsatztage”. Das läuft nämlich auf die gleiche Quote raus. Im Beispiel oben waren das 50 Fehltage auf 200 Einsatztage = 25%. Pro Stunde also 60*25% = 15 Minuten, die zum “Kosten-Rucksack” der Produktivstunde führen.


Eigentlich ganz einfach, oder? Trotzdem kommen viele durcheinander, weil Sie Lohn- und Produktivstunden nicht konsequent genug auseinanderhalten. Schauen wir uns das Prinzip noch einmal an einem branchenfremden Beispiel an:


Bei der Kalkulation von Zeitarbeit muss man Lohnstunden und Produktivstunden auseinanderhalten

Sie malen beruflich Ostereier an und wissen aus Erfahrung, dass jedes 5. Ei (1/5 = 20%) beim Malen kaputt geht. Nehmen wir an, jedes Ei koste 1 € und Sie verkaufen das bemalte Ei für 2 €.


In der Zeitarbeit rechnen wir mit der verkauften Stunde (=Produktivstunde), hier mit dem verkauften Ei. Weil wir nur 4 Eier verkaufen, kommt in dieser Betrachtung 1/4 = 25% an Kosten hinzu. 25% vom Kaufpreis 1 € sind dann 25 Ct.


  • DB pro verkauftem Ei (~Produktivstunde) = 2 € - 1,25 € = 75 Ct.

  • in %: 0,75 € / 2 € = 37,5%

  • DB insgesamt: 75 Ct. * 4 = 3 €

Machen Sie sich klar, dass man grundsätzlich auch mit dem eingekauftem Ei rechnen könnte, das wäre das Äquivalent einer Kalkulation pro Lohnstunde. In diesem Fall ziehen wir 1/5 = 20% vom Umsatz ab, da ja eines von fünf Eiern nicht verkauft wird:


  • DB pro eingekauftem Ei (~ Lohnstunde) = 2 € * (1-20%) - 1 € = 60 Ct.

  • in %: 0,60 € / 2 € = 30%

  • DB insgesamt: 60 Ct. * 5 = 3 €

Die beiden Wege kommen letztlich zum gleichen Ergebnis von 3 € für das gesamte Geschäft. Die Rechnung pro gekauftem Ei bzw. pro Lohnstunde ist sogar intuitiver, weil unproduktive Zeiten (korrekt) als Umsatzausfall und nicht (seltsam) als “Pseudokosten” auf die Produktivstunde gerechnet werden. Trotzdem: bitte rechnen Sie weiter mit dem ersten Rechenweg (Produktivstunde). Er passt ohne Klimmzüge zum SVS und und ist daher in der Branche üblich.


Das Ostereierbeispiel zeigt aber auch, dass abhängig vom Blickwinkel “Lohnstunde” vs. “Produktivstunde” unterschiedliche Werte für den Anteil unproduktiver Zeiten, DB pro Stück und in Prozent herauskommen. Beide Blickwinkel kommen aber vor, und daher wird es knifflig.


Auch Fehler 2.) lässt sich so erklären. Die Krankenkassen geben die AU-Quote in Bezug auf alle Arbeitstage (inkl. Feiertagen) an, also für den Blickwinkel “Lohnstunden”. Sie sagen: im Durchschnitt gibt es ungefähr 250 * 7% = 17,5 Krankheitstage im Jahr. Wenn wir das auf den Blickwinkel “Produktivstunde” ummünzen wollen, müssen wir die unproduktiven Tage aus dem Nenner herausnehmen: 17,5 / (250-17,5) ~ 7,5%. Bei 100 Einsatztagen müssen wir also 7,5 Krankheitstage als unproduktive Kosten in die Kalkulation einbauen, nicht 7. In der Zeitarbeit sagen wir: auf 250-17,5 = 232,5 gesunde Tage müssen wir 232,5 * 7,5% kranke Tage mit einkalkulieren: auch das kommt auf 17,5 AU-Tage pro Jahr (plus kleinem Rundungsfehler).


In Fehler 3.) nehmen wir fälschlicherweise die Bezugsgröße “Lohnstunde”, um den DB für den ganzen Auftrag zu berechnen. Das ist schon ein sehr kapitaler Fehler, der uns wirklich nicht passieren sollte. Die Fehlzeiten verkaufen wir nun einmal nicht, dafür gibt es weder Umsatz noch DB. Damit die Fehlzeiten als Kosten nicht vergessen werden, kalkulieren wir sie im Kosten-Rucksack für unproduktive Zeiten.


Das war ja laut Quizztext auch korrekt geschehen und so können wir den richtigen DB des Auftrags ermitteln. Wie sieht die Rechnung aus, wenn wir wieder 50 unproduktive Tage bei 200 produktiven Tage annehmen?


Antwort: 20.000 € * (1-20%) = 16.000 €


In dieser Rechnung ist 20% die korrekte Quote für unproduktive Zeiten. Die 20.000 € DB kommen rechnerisch zustande, wenn wir alle 250 Tage, d.h. inklusive der unproduktiven 50, verkaufen könnten. Also bezieht sich die Ausgangsgröße 20.000 € auf 250 Tage und wir müssen 50/250 = 20% abziehen. In der Eiersprache: könnten wir alle 5 Eier verkaufen, kämen 20.000 € DB dabei raus. Tatsächlich sind es nur 4. Also fällt 1/5 = 20% vom Umsatz und damit DB weg.


Ich hoffe, die Beispiele haben gezeigt, dass sie die Betrachtungswinkel “Lohnstunde” und “Produktivstunde” nicht verwechseln dürfen. Nehmen Sie sich die nötige Zeit, um das jeweilige Problem zu verstehen!


Kommen wir nun zum Fehler 4.) Bei einem Stundenlohn von 10 €, Arbeitgeberbeiträgen von 28% und unproduktiven Zeiten von 25% entstehen nicht 15,30 € Lohnkosten wie oben gerechnet, sondern 16 €.


Erster Schritt bei der Zeitarbeitskalkulation: die Kalkulation der Arbeitgeberbeiträge

Den Denkfehler sieht man schnell, wenn man die Kostenkomponenten skizziert. Fangen wir mit den Arbeitgeberbeiträgen an, das ist das Bild oben. Sie sollen 28% des Bruttolohns betragen.


Nun kommen die Kosten für unproduktive Zeiten hinzu. Da sind wir jetzt ja Experten und wissen, wie die 25% im Beispiel bei 200 Einsatztagen und 50 Fehltagen zustande kommen.


Unproduktive Zeiten sind wichtig bei der Kalkulation von Zeitarbeit

Bei Fehler 4.) wurde schlichtweg nicht bedacht, dass Arbeitgeberkosten genau wie Lohnkosten ebenfalls pro Lohnstunde anfallen. Auch hier entsteht also ein “Kosten-Rucksack”, den wir bei der Kalkulation nicht vergessen dürfen. Im Beispiel oben macht das 7% auf den Bruttolohn aus, definitiv keine Kleinigkeit.


Eigentlich nicht schwierig. Trotzdem weigerte sich ein Kunde auch nach mehreren Diskussionen, den Zusammenhang zu verstehen. Ich hoffe, mit diesem Artikel schaffen Sie es besser als ich damals, Ihre Kunden zu überzeugen.


Kommen wir nun zum letzten Fehler, hier noch einmal im Wortlaut:

An jedem Einsatztag fallen Kosten von 8 € an, die wir in der Kalkulation berücksichtigen müssen. Bei einem 8-stündigen Arbeitstag also 1 € pro Stunde. Der Anteil unproduktiver Zeiten wurde (korrekt) mit 25% ermittelt. Wir rechnen daher mit Kosten pro Produktivstunde von 1,25 €, da für diese Position keine Sozialversicherung anfällt.


Ja, für sonstige Kosten fällt keine Sozialversicherung an, das ist richtig. In diesem Fall gibt es aber auch keine unproduktiven Kosten! Das liegt schlicht an der Formulierung: “an jedem Einsatztag”. An Nicht-Einsatztagen fallen die Kosten nicht an, also ist da nichts zu rechnen, es bleibt bei 1 € pro Produktivstunde.


Anders sieht es dagegen z.B. bei Kosten für Ausrüstung, Gesundheitsprüfung etc. aus. Ausrüstung oder Gesundheitsprüfung werden nicht billiger, wenn der Zeitarbeitnehmer Urlaub nimmt oder krank wird. Die für den SVS relevanten Kosten ermittelt man am einfachsten, wenn man den jeweiligen Wert durch die erwarteten Produktivstunden des gesamten Einsatzes teilt.


Die Rechnung ist deshalb so einfach, weil Lohnstunden hier keine Rolle spielen und man daher ohne Umweg durch die Produktivstunden teilen kann. Im Umkehrschluss ist die Kalkulation von Lohnkosten in der Zeitarbeit deswegen “sperrig”, weil beide Ebenen - Lohn pro Lohnstunde und SVS pro Produktivstunde - in einer einzigen Rechnung zusammengebracht werden sollen. Mit dem Kunstgriff “Lohnkosten für unproduktive Zeiten” wird dies erreicht und man sieht unmittelbar, welche Lohnkosten tatsächlich im SVS stecken.


Natürlich wäre es schön, wenn alle in der Zeitarbeit die Grundzüge der Kalkulation perfekt beherrschten. Aber seien wir ehrlich: Prozentrechnung ist definitiv nicht für jedermann. Und wen wird es wundern, dass viele in der Personalbranche eher Experten für Personen als Experten für Zahlen sind. Wenn es Ihnen auch so geht, dann gibt es zum Glück das Tool kalkool. Damit kalkulieren Sie automatisch richtig und kommen auch jenseits der Basiskalkulation nicht ins Schwitzen.

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