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  • Writer's pictureJochen Garbers

The Winner's Curse

Kennen Sie das Buch Die Kunst des klaren Denkens von Rolf Dobelli? Falls nein, unbedingt lesen! Es gehört zu dieser Kategorie von Büchern, nach denen man die Welt besser versteht (oder besser zu verstehen glaubt, immerhin).


Im Kapitel „The Winner’s Curse“ beschreibt der Autor, dass das Gewinnen von Auktionen oft ein Schuss ist, der nach hinten losgeht. Am Tag der gewonnenen Auktion knallen die Champagnerkorken, aber die Firma geht nach kurzer Zeit Pleite, weil sich der Auktionspreis als völlig überhöht herausstellt. Diese überzogenen Preise bei Auktionen sind keine Einzelfälle, sondern haben System. Es reichen wenige (sogar zwei) Auktionsteilnehmer, um den Preis in die Höhe zu treiben. Dass die vernünftige Mehrheit längst ausgestiegen ist, spielt keine Rolle.


Auch bei der Vergabe von Aufträgen in der Zeitarbeit gibt es Auktionen - mit dem Unterschied, dass hier der niedrigste Preis gewinnt. Als Preismanager in der Zeitarbeit durfte ich das auch einmal miterleben. Ein sehr großer, namhafter Bestandskunde verteilte langfristige Verträge per Anbieterauktion. Gemäß der Warren Buffet Maxime „nie an Auktionen teilnehmen“ gaben wir nur pro forma unsere bisherigen Preise ab. Der gewinnende Preis lag Welten unter dem, was bei uns üblich war. Wie es ausging? Unser Geschäft blieb im Wesentlichen unverändert, weil es den Billigheimern offensichtlich nicht gelang, die ausgeschriebenen Stellen entsprechend zu besetzen. Kein Wunder eigentlich.


Vielleicht haben Sie das Glück, dass „Ihre“ Kunden nicht per Auktion Aufträge vergeben. Aber auch Sie kennen sicher Kunden oder Interessenten, die sagen: „Das niedrigste Angebot gewinnt“. Vielleicht sagen Sie es etwas netter, aber das ist gemeint. Bestimmt werden Sie versuchen, die Kunden davon zu überzeugen, welchen Mehrwert Ihr Angebot darstellt, wie es sich von der Konkurrenz unterscheidet, welche Risiken in den Billigangeboten stecken usw. Aber mir geht es gerade um einen anderen Punkt, daher nehmen wir einmal an, der Kunde bleibt dabei: „interessiert mich alles nicht, es wird nach dem Preis entschieden!“


Wenn Sie sich das nächste Mal in dieser Situation sind, lassen Sie sich folgendes durch den Kopf gehen. Eigentlich gibt es nur zwei Möglichkeiten: 1) der Kunde meint es wirklich ernst oder 2) der Kunde blufft, will mit dieser Drohung nur den Preis drücken. Natürlich können Sie nicht genau wissen, was tatsächlich zutrifft.


Aber – und das ist mein Punkt – Sie müssen das gar nicht wissen, um sich richtig zu verhalten. Wenn der Kunde nur blufft, ist es natürlich richtig, den Preis nicht zu senken. „Tut uns wirklich leid, aber das geht einfach nicht, wir können zu diesem Preis nicht anbieten.“ Idealerweise dann noch eine kleine Konzession an weniger wichtiger Stelle, damit die andere Seite das Gesicht wahren kann, und das war es.


Und wenn der Kunde es tatsächlich genau so meint? Dann muss man sich doch die Frage stellen: „wie will ich dieses Spiel eigentlich gewinnen?“ Denn irgendwelche „Verrückte“ wird es immer geben, die zu geschäftsschädigenden Preisen anbieten. Mit Kunden, die tatsächlich nur nach dem Preis gehen, wird man nicht glücklich werden. Zumindest dann nicht, wenn man sich als Qualitätsanbieter begreift. Besser konsequent bleiben, „nein“ sagen und Kunden suchen, die anders ticken.


Die gibt es auch gar nicht selten, und zwar aus gutem Grund. "Hauptsache billig, koste es, was es wolle" ist nun einmal eine riskante Strategie. Damit kann man eine Firma auch an den Abgrund bringen, siehe Opel in den 90er Jahren. Gerade bei so einem sensitiven Thema wie der Personalpolitik sind die Kunden sicher gut beraten, seriöse und kompetente Dienstleister auszusuchen, und die allermeisten wissen das auch.


Ich gebe zu: im richtigen Leben ist es nicht immer so klar, statt schwarz-weiß gibt es da Grautöne, und das macht es schwer, die richtige Linie zu finden. Trotzdem: ich hoffe, dass Ihnen dieser Blog hilft, bei der nächsten Preisverhandlung Ihre Position selbstbewusster zu vertreten als bisher.


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